Bescheidene Bäckerei − Hoher Qualitätsanspruch
Die Holzofenbäckerei in Untererthal
Die Schneiders in Untererthal haben noch nie ein Aufhebens gemacht. Nicht um sich, nicht um ihre Bäckerei und nicht um ihr Brot, das dennoch etwas ganz Besonderes ist und seinesgleichen in der ganzen Rhön sucht. Ihm allein widmen sie ihre Arbeitskraft und ihr handwerkliches Können. Seit Menschengedenken wird ihr tägliches Brot nur aus Weizen und Roggen gemacht und im uralten Holzbackofen gebacken. Das Getreide stammt immer noch aus der unmittelbaren Umgebung und wird in den letzten verbliebenen Mühlen des Saaletals gemahlen. Der Sauerteig wird täglich neu angesetzt und in reifem Zustand zum weichen Teig geknetet. Diese Arbeit erledigt zuverlässig ein riesiger Hubkneter aus der Vorkriegszeit. Etwa eine Stunde später, wenn die Brote die volle Gare erreicht haben, sind dann vier geübte Hände nötig. Es ist Gabriele, welche die Dreipfünder aushebt und zu "Naßgelaibten" formt, während ihr Mann sie Stück für Stück in den Holzofen "schießt". Der Laden muss dann eben mal geschlossen bleiben.
"Die Flammen" müssen ganz lang sein, damit sie auch die hintersten Winkel des Backherdes erreichen, aber dennoch nicht zu sehr beissen," erklärt der Bäckermeister, "deswegen verbrenne ich nur Kiefer, Fichte, Tanne, Lärche und anderes Weichholz." So erhält das Brot die extra dicke braune Kruste, die es eine Woche lan frisch hält und ihm dieses wunderbare Aroma verleiht. Seinetwegen nehmen manche Kunden lange Reisen auf sich, denn Untererthaler Brot bekommt man exklusiv nur an der Quelle. So kann die vierköpfige Familie zwar von ihrer Arbeit ganz gut leben, reich werden sie damit aber nicht.
Was bringt die Zukunft?
Die kleine Bäckerei gleich neben dem großen Gasthof kann an diesem Platz nicht erweitert werden und hätte, würden allein die Gesetze der Marktwirtschaft gelten, kaum eine Überlebenschance. Aber ins Gewerbegebiet auszusiedeln, da sind sich Peter und Gabriele einig, kommt aus prinzipiellen Gründen nicht in Frage. Außerdem ließe sich z.B. der gemauerte Backofen aus den frühen 30er-Jahren unmöglich versetzen. Und dann zur ganz normalen Bäckerei werden, mit Brot vom Fließband?
Nein, danke:"Lieber klein, individuell und traditionsbewusst bleiben, als groß und alltäglich werden."
Also wird Peter Schneider weiterhin täglich das Feuer entfachen und seine Frau jeden Morgen den Laden aufsperren. Sie werden weiterhin ihre ganze Leidenschaft, Erfahrung und handwerkliche Kunst daran setzen, um einfach nur das wahre und richtige Brot zu backen und sonst gar nichts. Zum Glück!
Ulrich Schendera (2006). Wo's in der Rhön am besten schmeckt Esskultur − Trinkgenuss − Lebensfreude, Die 100 besten Adressen, 27.